Neues Notarzt-Einsatzfahrzeug in Dienst gestellt: Interview mit Rettungssanitäter Marvin Jakobi
Unser Regionalverband hat in der vergangenen Woche ein neues Notarzt-Einsatzfahrzeug in Dienst genommen. Mit dem Rettungssanitäter Marvin Jakobi haben wir hierzu ein Interview geführt.
Lieber Marvin, bitte stell dich unseren Lesern kurz vor.
Guten Tag, mein Name ist Marvin Jakobi und ich bin Rettungssanitäter beim ASB Kassel-Nordhessen. Heute stelle ich Ihnen unser neues Notarzteinsatzfahrzeug, umgangssprachlich auch NEF genannt, kurz vor.
Was ist ein Notarzt-Einsatzfahrzeug und wann kommt es zum Einsatz?
Dieses neue NEF und sein Schwesterfahrzeug (ebenfalls ein Mercedes Vito) fungieren in erster Linie als Notarztzubringer: Das heißt, wenn ein Menschenleben in Gefahr ist oder potentiell in Gefahr sein könnte, werden dieses Fahrzeug und zusätzlich ein Rettungswagen (RTW) zur Einsatzstelle geschickt. Den Patiententransport übernimmt der für diesen Einsatz zugeteilte RTW. Der Notarzt begleitet in der Regel den Patienten zur medizinischen Versorgung. Ausnahmen können sein, dass der Patient nicht lebensbedrohlich erkrankt oder verletzt ist.
Wie viele NEF’s gibt es in Kassel?
Im Stadtgebiet Kassel gibt es insgesamt vier NEF’s, wovon eines durch den ASB Regionalverband Kassel-Nordhessen gestellt wird und am Elisabeth-Krankenhaus stationiert ist. Dieses Fahrzeug ist 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr im Dienst und rückt zu jährlich circa 3.000 Einsätzen aus.
Was macht dieses Fahrzeug, im Gegensatz zu den auch technisch sehr gut ausgerüsteten Rettungswagen und gut ausgebildeten medizinischen Personal, so wichtig?
- Der Notarzt, der alle medizinischen Handlungskompetenzen (z.B. Gabe von Medikamenten) besitzt.
- Ein Rettungssanitäter, Rettungsassistenten oder Notfallsanitäter, der mindestens zwei Jahre Berufserfahrung nachweisen kann und sehr erfahren ist im Umgang mit Notfall- und Ausnahmesituationen.
- Bei Großschadenslagen (z.B. Verkehrsunfällen und Bränden mit mehr als 8 verletzten oder erkrankten Personen) übernimmt die NEF-Besatzung die kommissarische organisatorische Einsatzleitung vom Rettungsdienst bis der dafür ausgebildete und eingeteilte leitende Notarzt und organisatorische Leiter Rettungsdienst die Einsatzstelle betreten und übergeben diese an die beiden Personen.
- Das spezielle Equipment: Jeder Rettungswagen hat Material auf dem Fahrzeug, um die Vitalfunktionen des Patienten aufrecht zu erhalten und somit ein Menschenleben retten zu können. Das NEF hat dieses Material ebenfalls ,,on Board“ und zusätzlich noch Spezialequipment, wie:
- Eine Beatmungsmaschine, die zusätzliche Beatmungsformen beherrscht und die man sehr präzise einsetzten kann.
- Spezielle Medikamente, wie medizinische Kohle (bei Vergiftungen), Antidote (bei Überdosierungen von Medikamenten und Betäubungsmitteln, ein Medikament, um Blutgerinnsel zu lösen u.v.m..
- Eine Maschine zur Herz-Druck-Massage.
- Ein Gerät, welches den Kohlenmonoxid Gehalt im Blut misst z.B. bei direktem Kontakt mit Rauchgas.
- Einen Knochenbohrer, falls man keine dringend benötigte Vene zur Medikamenten- und Infusionstherapie in einer angemessenen Zeit finden kann.
- Ein mobiles Ultraschallgerät, um eventuelle innere Verletzungen schon präklinisch feststellen zu können und einiges mehr!
- Eine Beatmungsmaschine, die zusätzliche Beatmungsformen beherrscht und die man sehr präzise einsetzten kann.
Um was für ein Fahrgestell handelt es sich und wie lange bleibt das Fahrzeug in Dienst?
Das Fahrzeug selbst, ein Mercedes Benz Vito, hat einen 4-Zylinder-Motor mit 2,2 Liter Hubraum, 140 kW (190 PS), wiegt mit Equipment und ohne Besatzung 2.650 Kg, wird circa acht Jahre und 250.000 km in und rund um Kassel Menschenleben retten.
Was möchtest du dem Leser unbedingt noch mit auf den Weg geben?
Ich, gerade auch, weil dieses Fahrzeug zu 99% der Einsätze mit eingeschalteter Sondersignalanlage (Blaulicht und Martinshorn) ausrückt, wünsche meinen Kollegen stets eine gute Fahrt! Und denkt bitte immer daran, dass rote Ampeln nicht beißen, um Einsatzfahrzeugen mit eingeschaltetem Blaulicht freie Fahrt zu gewähren und, dass Ihr auch schon bei stockendem Verkehr auf der Autobahn die Rettungsgasse bildet.